Regierungsvorlage zum DLT-Verordnung-Vollzugsgesetz (DLT-VVG)
Am 09. Mai 2023 wurde eine Regierungsvorlage zum DLT-Verordnung-Vollzugsgesetz (DLT-VVG) kundgemacht. Dieses beinhaltet die notwendigen Bestimmungen zum Wirksamwerden des DLT-Pilot-Regimes in Österreich. Das DLT-Pilot-Regime der EU ist eine Verordnung, die aufsichtliche Anforderungen an die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen regelt. Wir berichten in diesem Blog über die Kerninhalte des DLT-Pilot-Regimes sowie des DLT-VVG.
Allgemein
Die VO (EU) 2022/858 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen (DLT-Pilot-Regime bzw. DLT-VO) soll die Entwicklung von Finanzmarktinfrastrukturen fördern, die mit Hilfe der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) Dienstleistungen für den Handel und die Abwicklung von Kryptowerten erbringen, die als Finanzinstrumente gelten. In den Erwägungsgründen der DLT-VO wird festgehalten, dass hier an der Tokenisierung von Finanzinstrumenten angeknüpft wird, d. h. die digitale Darstellung von Finanzinstrumenten auf Distributed Ledgern oder die Emission traditioneller Anlageklassen in tokenisierter Form. Da der bisherige Rechtsrahmen Finanzinstrumente, die auf DLT basieren bislang nicht umfasste, soll die DLT-VO diesem Umstand entgegenwirken und den Markt für DLT-Finanzinstrumente fördern, effizienter gestalten sowie die entsprechenden Besonderheiten, die DLT mit sich bringt berücksichtigen.
DLT-Pilot-Regime
Das DLT-Pilot-Regime bzw. die DLT-VO sieht insbesondere vor, dass bei der Berücksichtigung von DLT-Finanzinstrumenten nicht nach bestimmten Arten von DLT unterschieden werden soll. Sie ist somit in dieser Hinsicht technologieneutral und definiert daher den Begriff DLT sehr weit mit „eine Technologie, die den Betrieb und die Nutzung von Distributed Ledger ermöglicht“ (Art 2 Z 1 DLT-VO).
Eine DLT-Marktinfrastruktur, auf der die DLT-Finanzinstrumente gehandelt werden, umfasst:
- multilaterale DLT-Handelssysteme (Multilateral TradingFacility - DLT-MTF),
- DLT-Abwicklungssysteme (Settlement System - DLT-SS) und
- DLT-Handels- und -Abwicklungssysteme (Trading and Settlement System - DLT-TSS).
DLT-MTF: ein multilaterales Handelssystem, das nur DLT-Finanzinstrumenten zum Handel zulässt (Art 2 Z 6 DLT-VO). Gemäß § 1 Z 27 WAG 2018 ist ein multilaterales Handelssystem ein von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betriebener nicht geregelter Markt für den Kauf/Verkauf von Finanzinstrumenten.
DLT-SS: ein Abwicklungssystem, mit dem Transaktionen mit DLT-Finanzinstrumenten gegen Zahlung oder Lieferung abgewickelt werden (Art 2 Z 7 DLT-VO);
DLT-TSS: ein DLT-MTF oder ein DLT-SS, das die von einem DLT-MTF und einem DLT-SS erbrachten Dienstleistungen kombiniert (Art 2 Z 10 DLT-VO);
Das DLT-Pilot-Regime regelt hierbei (Artikel 1 DLT-VO):
- Erteilung/Entzug der Genehmigung (ggf. mit Ausnahmen, Bedingungen) zum Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen;
- Betrieb und Beaufsichtigung von DLT-Marktinfrastrukturen und
- die Zusammenarbeit zwischen DLT-Marktinfrastrukturen und den zuständigen Aufsichtsbehörden (insb. ESMA).
Mögliche Betreiber sind abhängig von der DLT-Marktinfrastruktur Wertpapierfirmen, Marktbetreiber (Börse oder MTF) oder Zentralverwahrer. Die Anforderungen, die herkömmliche Marktinfrastrukturen erfüllen müssen, sollen grundsätzlich, sofern keine Ausnahmen bestehen, auch für DLT-Marktinfrastrukturen gelten (insb. MiFIR – Artikel 4 DLT-VO).
Die anzubietenden DLT-Finanzinstrumente unterliegen gewissen Beschränkungen. Demnach werden sie nur zum Handel zugelassen, wenn das konkrete Finanzinstrument bestimmte Volumens-Schwellen nicht überschreitet (Artikel 3 Abs 1 ff DLT-VO). Darüber hinaus umfasst die Verordnung noch bestimmte besondere Anforderungen und Ausnahmen an den Betrieb von DLT-MTF, DLT-SS und DLT TSS (Artikel 4 bis 10 DLT-VO).
Anwendung auf Probe
Zu beachten ist, dass die DLT-VO zunächst nur für drei Jahre erprobt werden soll. Danach soll die ESMA der EU Kommission einen Bericht über ihre Bewertung der Pilotregelung (Kosten-Nutzen-Analyse) erstatten. Es wird dann entschieden, ob die DLT-VO um weitere drei Jahre verlängert wird bzw. in weiterer Folge einen dauerhaften Rechtsrahmen bilden soll (Erwägungsgrund 53 DLT-VO und Art 14 Abs 2 DLT-VO).
Die DLT-VO stellt daher eine zeitlich befristete Regulatory Sandbox dar - eine kontrollierte Umgebung, in der zukünftige Anbieter von DLT-Finanzprodukten ihre Produkte und Dienstleistungen in Zusammenarbeit mit der Aufsicht testen können.
Das DLT-Verordnung-Vollzugsgesetz (DLT-VVG)
Der Gesetzentwurf zum DLT-Verordnung-Vollzugsgesetz (DLT-VVG) enthält die Bestimmungen, die notwendig sind, damit die DLT-VO in Österreich wirksam werden kann. Das DLT-VVG regelt insbesondere die Zuständigkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) als beaufsichtigende Behörde zur Einhaltung der Anforderungen des DLT-VVG und der DLT-VO. Dies umfasst insbesondere folgende wesentliche Aufsichtsbefugnisse der Behörde:
- Einsicht- und Prüfungsrechte in die Bücher, Schriftstücke und Datenträger eines Betreibers einer DLT-Marktinfrastruktur (§ 2 Abs 1 DLT-VVG);
- Anordnungen von Maßnahmen wie etwa die Untersagung der Entnahme bzw. Ausschüttung von Kapital oder Gewinnen (§ 2 Abs 3 Z 1 DLT-VVG) und
- Untersagung der Geschäftsführung gegenüber einem Organ des Unternehmens (§ 2 Abs 3 Z 3 DLT-VVG) und die Untersagung des teilweisen oder gesamten Geschäftsbetriebes (§ 2 Abs 3 Z 4 DLT-VVG).
Im Rahmen der Einführung des DLT-VVG ist in der Regierungsvorlage auch vorgesehen, dass die Anpassung des Begriffs „Finanzinstrumente“ gem § 1 Z 7 WAG 2018 erfolgt. Dieser soll nunmehr wie folgt lauten: „Finanzinstrumente: folgende Finanzinstrumente, einschließlich mittels Distributed-Ledger-Technologie emittierter Instrumente“.
Nächste Schritte
Das DLT-VO selbst ist seit dem 21. März 2023 unmittelbar anwendbar. Die Regierungsvorlage zum DLT-VVG als österreichischen Vollzugsgesetz sieht ein Inkrafttreten des DLT-VVG am 01. Juli 2023 vor.
Gerne steht Ihnen das Financial Services Regulatory Team von Binder Grösswang zur Verfügung, um Sie bei den aufsichtsrechtlichen Herausforderungen zu unterstützen!
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